Referent: Richard Kürzinger

Von der harten Goldwährung zur papierenen Inflations-Mark

 

Der Heimat- und Kulturkreis Vohburg hatte zu einem Vortrag "Hyperinflation 1923" eingeladen und fast 30 Personen interessierten sich für das Thema.

Referent Richard Kürzinger zog zunächst einen Bogen von den geldwirtschaftlichen Beiträgen Karls des Großen mit der Einführung des Pfennings als „Standard-Münze“ und des Pfundes zu den politisch-militärischen Bedeutungen im 70er Krieg.

Die 5 Milliarden Goldfrancs, welche die Franzosen zahlen mussten, wurden im bekannten Juliusturm in Berlin eingelagert.

Anfangs glaubte man auch im 1. Weltkrieg an einen ähnlichen Sieg.

Doch wer Krieg führen will braucht 3 Dinge: 1. Geld, 2. Geld und 3. noch viel mehr Geld!

Schnell waren die Reserven verbraucht und aus dem harten Goldgeld unter wilhelminischen Zeiten wurde das Notgeld.

Die Deutschen zeichneten Kriegsanleihen, die mit Zins und Zinseszins zurückbezahlt werden sollten, wäre erst der Krieg gewonnen.

Wie wir alle wissen, haben wir nicht gewonnen, sondern mussten selbst Milliarden an Reparationskosten zahlen.

Dann begann 1922 die schleichende Geldentwertung.

Wurde zu Jahresbeginn der Dollar noch mit 4,20 Mark getauscht, waren es am Jahresende bereits rund 7000 Mark.

Als anfangs 1923 schließlich Franzosen und Belgier das Ruhrgebiet besetzten und es zum Generalstreik dort kam, druckte die Reichsregierung einfach Noten nach, um die Streikenden zu bezahlen.

Ab da gab es keinen Halt mehr. Ende Oktober kostete der Dollar schon 4200000000000 Mark (4,2 Billionen).

Geld wurde schneller wertlos als man es nachdrucken konnte, schließlich wurden alte Noten einfach überstempelt. Gut dran war, wer etwas zum Tauschen oder hohen Schulden hatte.

In der Folge führte die Inflation zum Beispiel zur Einführung von Wertmarken (1 Brot- oder Biermarke), mit denen bezahlt wurde.

Mit die größten Verlierer waren die Beamten, denn das Gehalt, das sie am Monatsbeginn für einen Monat ausbezahlt bekamen, war ein paar Tage später schon nichts mehr wert.

Es gab Arbeiter, die ihren Wochenlohn mit der Schubkarre heimfuhren.

Am 15. November 1923 erfolgte der Schnitt: 1:1000000000000.

Ein US-$ kostete jetzt wieder 4,20 Rentenmark, wie sie jetzt hieß.

Alle alten Kriegsanleihen, zu Tausenden von Mark gezeichnet, waren nicht einmal mehr Pfennige wert.

Der Staat hatte seine Bürger ausgeraubt.

„Eine Angst davor sitzt heute, 100 Jahre später, noch in vielen Bevölkerungsteilen“, so der Referent zum Abschluss.

bav

 

Referent: Richard Kürzinger mit ein paar Milliarden.

Foto: Bauer

 

Anhang für einen Kasten

Auch aus den Großelternhäuser des Verfassers gibt es ein paar Geschichten aus dieser Zeit. Als der Schreinermeister Johann Bauer 1962 die alte Schreinerei seines Vaters abbrach und die Fenster herausriss, stellte man fest, dass alle mit Hunderten von Millionen gedämmt waren. Zum Dämmen von Fenstern verwendete man im Herbst 1923 Millionennoten, denn die waren günstiger als Dämmmaterial!

Der Großvater Otto Bauer sollte 1923 einem Privatmann Türen und Fenster für einen Neubau liefern. Der Wert ging in die Milliarden. Doch auf eine Geldzahlung ließ sich Bauer schon nicht mehr ein. Deshalb kam es zu einem Tausch, bei dem Bauer ein wertvolles Gewehr bekam. Lange währte seine Freude daran jedoch nicht. 1945 mussten alle Waffen an die Amerikaner ausgeliefert werden.

Auch mütterlicherseits gibt es Erinnerungen an diese Zeit. Der japanische (!) Kriegsgefangene Onkel Sebastian Rettermayer kam Ende 1923 aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause, mit vielen Dollars in der Tasche. Damit kaufte er den ersten LKw in Vohburg und baute sein Viehandelsgeschäft auf. Als Geschenk zur Erstkommunion durfte meine Mutter damals mit zum Tanken fahren!